Christopher Street Day: Von der Solidaritäts-Show zum politischen Ablasshandel

Christopher Street Day: Von der Solidaritäts-Show zum politischen Ablasshandel
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München leuchtet – aber nur für die Kamera. Während Politiker stolz mit Regenbogenflagge vor der Frauenkirche paradieren, klatscht die Menge und schwimmt in Konfetti. Was für ein Triumph für Vielfalt! Ist es das? Oder ist Christopher Street Day längst zur moralischen Selfie-Station geworden, an der Macht und Medien sich für ihr Engagement loben, ohne je etwas zu wagen?

Betrachten wir die Farce, die wir Diversität nennen. Einmal im Jahr singen, tanzen und demonstrieren wir – meist für die eigenen Instagram-Profile. Die Realität? Die überwiegende Mehrheit, die Respekt und Toleranz predigt, hat Angst, sich am Arbeitsplatz, beim Stammtisch oder in der Familie auch nur leise gegen Diskriminierung zu stellen. Aber hey, ein politischer Umzug in der Münchner Innenstadt – das gibt ein reines Gewissen, oder?

Die wahren Probleme – Wohnungsknappheit für queere Jugendliche, grassierende Gewalt gegen Transpersonen, psychische Erkrankungen durch Ausgrenzung – werden mit Regenbogen-Aufklebern übertüncht. Wenn Münchner Spitzenpolitiker am CSD auflaufen, posierend und große Reden schwingend, sollte uns das nicht inspirieren, sondern verstören: Dieselben Parteien, die sich um „Vielfalt kümmern“, blockieren unter der Woche queerfeindliche Gesetzesänderungen im Bundestag oder drücken beim nächsten Shitstorm schnell wieder den Kopf weg. Vielfalt ja – solange sie opportun ist. Vielfalt ja – solange sie als PR taugt und keine Stimmen kostet.

Und wir? Das Publikum? Wir feiern, solange es sexy, laut und farbenfroh ist. Sobald der Alltag zurückkehrt und gesellschaftlicher Wandel unbequem wird, sind wir wieder ganz stille Mitläufer des Fortschritts. Wir sind Teil des Problems. Kollektive Vielfalt nur noch als Konsumgut, als politischer Ablasshandel, hinter dem die Heuchelei pulsiert. Es ist bequem, einen Tag im Jahr zum Bannerträger der Gerechtigkeit zu werden. Es ist unbequem, an den restlichen 364 Tagen Haltung zu zeigen – oder gar seine eigene privilegierte Bequemlichkeit infrage zu stellen.

CSD – das steht inzwischen zu oft für "Celebratory Self-Deception". Zeit, aus der trügerischen Festivalstimmung aufzuwachen. Zeit zu fragen, warum echte Gleichberechtigung immer nur dann propagiert wird, wenn sie auf Social Media Likes bringt – und niemals, wenn sie Mut, Rückgrat und reale Opfer verlangt. Lasst uns aufhören, den CSD als Politparade für Vielfalt zu verkleiden, solange wir selbst nach der Musik so schnell in die anonymen Bequemlichkeiten des Alltags abtauchen.

Diese Scheinvielfalt feiert niemand außer uns selbst.


This article was inspired by the headline: 'Christopher Street Day in München: Politparade für Vielfalt - tagesschau.de'.

Language: -
Keywords: Christopher Street Day, Vielfalt, LGBTQ, Heuchelei, Politik, München, Gesellschaftskritik, Doppelmoral
Writing style: provokativ, polemisch, direkt, emotional aufgeladen
Category: Gesellschaftskritik
Why read this article: Um die eigene Bequemlichkeit und kollektive Scheinheiligkeit bei Themen wie Vielfalt und Gleichberechtigung kompromisslos zu hinterfragen.
Target audience: Menschen, die sich für LGBTQ-Rechte, politische Integrität und gesellschaftlichen Wandel interessieren oder sich selbst kritisch reflektieren wollen.

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